Initiator der Aktionen ist der Verein Charta der Vielfalt e.V., der durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert wird und zusätzlich unter der Schirmherrschaft der Bundeskanzlerin steht. Mit der Unterzeichnung der Charta der Vielfalt geht der Arbeitgeber die Selbstverpflichtung ein, die Chancengleichheit für Mitarbeiter zu garantieren und ein vorurteilsfreies Arbeitsumfeld zu schaffen. Die Charta konnte erstmals 2006 unterschrieben werden und hat bis Ende 2018 rund 3000 Unterzeichner, darunter Großkonzerne und mittelständische Unternehmen. Außerdem wird auch in diesem Jahr wieder der Deutsche Diversity-Tag 2019 vom Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ) unterstützt.
Die Dimensionen von Diversität sind vielfältig und können sich ganz unterschiedlich am Arbeitsplatz auswirken. Darunter fallen nicht nur die ethnische Herkunft und Nationalität sondern auch Geschlecht und geschlechtliche Identität, sexuelle Orientierung und Identität, Weltanschauung und Religion, Behinderung und körperliche Beeinträchtigungen sowie das Alter. Diese Merkmale der Andersartigkeit haben in der Vergangenheit mehrfach dazu geführt, dass Menschen mit Vorurteilen belastet wurden, ausgegrenzt wurden und nicht die gleichen Chancen in der Arbeitswelt erhalten haben.
Das zeigt auch das Beispiel der freiberuflichen ZEIT-Autorin Kemi Fatoba. Ein Kollege, der ihr am ersten Arbeitstag zu den guten Deutschkenntnissen gratuliert oder Fragen nach ihrer Herkunft beantwortet sie mittlerweile relativ gelassen mit Kommentaren wie: „Deutsch ist meine Muttersprache, aber Danke. Ich bin in Wien geboren.“ Für Diversitäts-Kampagnen ihres Arbeitgebers möchte sie aber trotzdem nicht herhalten. Sie sieht großen Handlungsbedarf bei diesen Themen und fühlte sich insbesondere bei der Arbeit bisher häufig mit Rassismus konfrontiert. „Wenn es mit der Anstellung klappt, gehört man als schwarze Person immer der Minderheit im Büro an. Das kann im Berufsalltag ganz schön hart sein, insbesondere wenn du keine vertrauenswürdige Bezugsperson hast“, erzählt Fatoba. Dabei drücken sich Rassismus und Diskriminierung nicht nur durch Gewalt und Beschimpfungen aus. Viel hässlicher ist meist der subtile Rassismus, der sich unterschwellig in spitzen Bemerkungen und schlechten Scherzen ausdrückt.
Auch die Geschichte von ThyssenKrupp-Personalleiterin Sarah Unger zeigt, dass Diversität am Arbeitsplatz in Deutschland eine große Herausforderung ist. Sie machte als Mann Karriere, bevor sie ihr Coming-Out als Frau hatte. Die hohe Arbeitslosenquote von transgeschlechtlichen Menschen liegt in vielen europäischen Ländern über dem Durchschnitt und verdeutlicht somit das Problem. Viele Menschen fürchten sich vor Diskriminierungen, Vorurteilen und weniger Aufstiegschancen. Auch Unger kennt diese Sorgen und hat sich deshalb erst nach zehn Jahren bei ihrem Arbeitgeber für ihr Coming-Out entschieden. Um anderen Menschen zu helfen und vor allem auch die Mitarbeiter des Unternehmens für die LGBTI-Community (eine aus dem englischen Sprachraum kommende Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender) zu sensibilisieren, hat sie das LGBTI@thyssenkrupp-Netzwerk mitbegründet. Eine wichtige Maßnahme, die vielen Unternehmen ebenfalls gut tun würde. Denn wenn diese die LGBTI-Community übergehen, vernachlässigen deutsche Unternehmen fast acht Prozent der Bevölkerung. Eine Zahl, die sich die Unternehmen auch aufgrund der Digitalisierung und des Fachkräftemangels nicht leisten können. Durch das ins Leben gerufene Netzwerk positioniert ThyssenKrupp sich klar zur Diversität und macht es schwulen, lesbischen, trans- und intersexuellen Menschen leichter, offen damit umzugehen. Ein Fakt der sich auch auf die Leistung der Mitarbeiter auswirken kann, wenn die Anstrengung des Doppellebens wegfällt.
Weitere Informationen zu dem Thema Diversität am Arbeitsplatz erhalten Sie auch durch das Instagram-Projekt „Divers*land“ von der Axel-Springer-Akademie. Anlass des Projekts ist die Gesetzesänderungen zur dritten Option im Geburtenregister: „divers“. Hinter Divers*land stehen 18 Journalistinnen und Journalisten, die auf der dafür erstellten Homepage und über Instagram Geschichten von Diskrimierungen am Arbeitsplatz und im Alltag publizieren.