Es sind Glücksmomente, wenn man mit den Schlumpern ins Gespräch kommt, jenen fest angestellten Künstlern einer Hamburger Ateliergemeinschaft mit unterschiedlichen Behinderungen, die für inklusive Arbeit mit Kindern 2015 den HanseMerkur Preis für Kinderschutz erhielten. So erfüllend war es in jener Stunde, bevor ein Film von und mit ihnen im Atelier in der Alten Rinderschlacht-halle gezeigt wurde. „Warum lacht Herr W.?“, so der Titel des 76-minütigen B-Movies der Regisseurin Jana Papenbrook, entstanden an 16 Drehtagen zwischen 2014 und 2017. Das durch „Flexibles Flimmern“ zum Kinosaal umgebaute Atelier war an drei Abenden mit insgesamt 240 Besuchern ausverkauft.
Herr W., das ist Horst W.(äßle), der zusammen mit den Künstlerkollegen Bernhard K.(rebs) und Michael G.(erdsmann) den Film mit eigenen Kameras mitgestaltet und auch gemeinsam am Drehbuch mitgeschrieben hat. Der inklusiv produzierte Film ist auch Symbol dafür, dass Kunst für die Schlumper Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht. Dazu die Regisseurin: „Ich entschied mich dazu, den Künstlern dabei zu assistieren, sich selbst und ihre Arbeit in ihren eigenen Worten und Bildern zu präsentieren.“ Herausgekommen ist ein nachdenklich stimmendes, tiefsinniges, leises, auch witziges und eindringliches Road Movie, das die Protagonisten bei einer Ostseefahrt nach Rügen ebenso begleitet wie in ihrer häuslichen Umgebung, bei Exkursionen in Hamburg oder bei Begegnungen im Atelier. Horst W. schwärmt am Millerntor vom FC St. Pauli, erzählt von seinem Vater und dem Haus am Niendorfer Marktplatz und freut sich diebisch über sein Zertifikat als „Sicherheitsbeauftragter in Alsterdorf“. Bernhard K. singt ein Hohelied auf seine Wellensittiche: „Die Tiere bedeuten mir ein und alles; sie bringen Leben in die Bude, sonst wäre ich untergegangen. Leicht hat man’s nicht, aber leicht hat’s einen“. Und Michael G., der gern Orgel- und Kirchenmusik hört, nimmt Geräusche auf, im Wald, an S-Bahn-Stationen, am Flughafen. Sein Credo: „Gott ist Gott, ob Allah oder Buddha.“ Allesamt Annäherungen an den Kosmos der Schlumper, an deren besondere eigene Poesie und Alltagsphilosophie. Und die mich die Klage von Jana Papenbroock verstehen lassen: „Kaum jemand greift das Wissen von Menschen mit Behinderungen auf, es wird nicht bewahrt.“ Da kommt mir ein Satz von Bernhard Krebs in den Sinn, eine Stunde vor Beginn des Films: „Du musst die Leute auch mal nachdenklich machen.“
Im Rahmen der 15. Hamburger Märchentage dann am Martinstag 2018 im Schlumper-Atelier eine gut besuchte Lesung des Michel-Hauptpastors Alexander Röder mit Märchen aus Frankreich. „Die Fee“ und „Der Gestiefelte Kater“ zogen die Kinder in ihren Bann. Und ganz nebenbei erinnerte Röder daran, dass auch „Rotkäppchen“ oder “Schneewittchen“, die wir gemeinhin den Gebrüdern Grimm zuordnen, einen französischen Ursprung haben, so wie Legende von Sankt Martin, dem Bischof von Tours. Auch die heutige Martinsgans-Tradition – so der Kirchenmann – geht auf den Heiligen Martin zurück: „Gänse haben den Martin verraten, darum werden sie am 11. November gebraten.“ Nach der Lesung erläuterte Schlumper-Künstler Rohullah Kazimi den jungen Märchen-Fans seine Bilder, die er extra zur Lesung angefertigt hatte. Und dann ging es für alle Anwesenden daran, das Erlebte zeichnerisch zu Papier zu bringen. Und Umlagert mittendrin der Deutsch-Iraner Kazimi, der sagt: „Kunst ist, dass man frei arbeitet und nicht so wie Grafikdesigner (Werbung).“
