Seit drei Wochen war das Doppelkonzert komplett ausverkauft, denn alle waren neugierig auf eine Zeitreise eines Chors, den Peter Schuldt im vergangenen Jahr fast einmal komplett neu aufstellen musste: 32 Schüler hatten Abitur gemacht, 27 mussten neu in den Klangkörper integriert werden. Und schon hier sei vorweggenommen: die Neuformierung ist mehr als gelungen, was Gospel Train & Friends während eines dreieinhalbstündigen Konzerts eindrucksvoll unter Beweis stellten. Auch Hamburgs Schulsenator Thies Rabe, der nach eigenen Angaben die Hälfte seines Hauses mit Tanzmusik finanziert hat, ließ es sich nicht nehmen, am Freitag ein Gesangs-Trio zu John Lennons „Imagine“ am Keyboard zu begleiten.
Peter Schuldt beschrieb in Zwischenmoderationen kurzweilig die Ursprünge dieses sicher besten Jugendgospelchors Deutschlands, als ihn im Jahre 1999 der damalige Leiter des Gospelfestivals in der Wandsbeker Christuskirche zu einem Auftritt einlud und – nachdem er ihm den Namen „Mittelstufenchor der Gesamtschule Harburg“ durchgegeben hatte – stammelte: „Das ist nicht Dein Ernst!“ Der Veranstalter gab Peter zehn Minuten Zeit, nach einem adäquaten Namen zu suchen, und der Musiklehrer erinnerte sich an den Gospel-Klassiker The Gospeltrain is commin‘. Manchmal verhilft Zeitdruck auch zu guten Ideen.
Nach einem furiosen Rock‘n Roll Medley vor der Konzertpause traten die Gospel Train Urgesteine, der Reunion Chor, mit drei Titeln unter der Leitung von Victor Sepulveda auf, der nach seinem Studium des Jazzgesangs jetzt zu seinen musikalischen Wurzeln zurückgekehrt ist und Peter Schuldt bei der Chorarbeit unterstützt. Und eine ehemalige Sängerin sagt: „Es ist, als käme man nach Hause zurück.“ Beide Abende transportierten wieder das, was den Chor ausmacht: Lebensfreunde pur, eine große Leichtigkeit des Könnens – Peter Schuldt dirigiert mit minimalen Gesten – und großartige Gesangskunst wie von Solistin Chiara Innamorato, die es gerade mit Coach Sido in die Battles der Casting-Show The Voice of Germany geschafft hat. Gemeinsam mit ihren drei Geschwistern und ihrer Mutter unterstützt sie zudem unter dem Namen InnaBonTonios Obdachlose auf der Reeperbahn und rund um den Hauptbahnhof. Immer nach dem Motto „Die Würde eines Menschen fängt bei der eigenen Unterhose an.“ Schon jetzt freut sich Chiara auf den nächsten Auftritt von Gospel Train bei der Bedürftigenweihnacht am 3. Dezember 2019 in der Fischauktionshalle. Wir werden berichten.
Doch zurück zum Jubiläumskonzert, das noch zahlreiche Gänsehautmomente bereithielt, etwa als vier Gesangssolisten die Gospelballade „Oceans“ zu Gehör brachten. Oder das Medley aus den 12 größten Songs von „Queen“, bevor die Halle bei einem weiteren Potpourri aus Welthits stand und bebte. Folgerichtig war „Oh Happy Day“ das Abschluss-Stück. Henning Brandt an den Drums meinte: „Peter Schuldt hat eine unfassbare Energie und ein Riesenherz und damit kriegt er die Leute“. Vier von bislang sechs CDs von Gospel Train haben HanseMerkur und Blue Noise/PM Blue bisher gefördert. Peter Schuldt (66) sagt: „Der Chorleiter wird nicht jünger – aber solange das Feuer brennt, können andere entzündet werden, diesen Weg mitzugehen. Es ist dann die Kür!“ Die gemeinsame Reise geht also weiter.
Die Zeit bis zum nächsten Konzert können Sie mit dem heimlich aufgenommenen Video-Mitschnitt und den Fotos in der Bildergalerie von Silke Hirschfeld und Berit Niebuhr überbrücken. Viel Vergnügen!
