Kultur
Vom Suchen und Finden des Glücks
Was fällt Ihnen ein, wenn Sie an das Wort „Glück“ denken? Meine erste Assoziation mit dem Begriff sind vierblättrige Kleeblätter, die ich leider nie gefunden habe. Gott sei Dank haben sie und ihr „nicht finden“ nichts mit dem Glück zu tun, dass wir in unserem Leben haben werden.
Veröffentlicht von Marie Mävers am 6. Mai 2020
Die Definition von Glück geht weit über die kleine grüne Pflanze hinaus. In der Definition des Dudens wird es bereits detaillierter. Da heißt es: „angenehme und freudige Gemütsverfassung, in der man sich befindet, wenn man in den Besitz oder Genuss von etwas kommt, was man sich gewünscht hat“. Es sei ein „Zustand der inneren Befriedigung und Hochstimmung“.
Noch detaillierter wird es, wenn wir uns in das Feld der Glücksforschung begeben. Ja, Sie haben richtig gehört – der Zustand „Glück“ wird von weltweit anerkannten Wissenschaftlern untersucht. Sie sprechen von einem subjektiven Wohlbefinden, das für jeden etwas anderes bedeuten kann. Für Psychologen ist Glück gekennzeichnet vom häufigen Auftreten positiver Gefühle und seltenem Auftreten negativer Emotionen. Die bekanntesten Glücksforscher sind derzeit Martin Seligmann (er gilt meistens als Vater der positiven Psychologie, ist ein weltweit anerkannter Psychologe, Universitätsprofessor und der Leiter des Zentrums für positive Psychologie an der Universität Pennsylvania), Edward Diener oder Mr. Happiness (ein amerikanischer Psychologieprofessor und Schriftsteller), Barbara Fredrickson (sie erhielt ihren Doktortitel an der Universität Stanford, zur Zeit ist sie Professorin der Psychologie an der Universität North Carolina, sie ist zugleich Leiterin des Laboratoriums für positive Gefühle) und Sonja Lyubomirsky von der Harvard Universität (ihre wichtigste Arbeit ist das Buch mit dem Titel „Glücklich sein” (The How of Happiness), in dem man praktische Anweisungen und Methoden zur Erhaltung des alltäglichen Glücks findet), um Ihnen nur eine Auswahl zu nennen. Sie alle kommen zu dem Ergebnis, dass wir lernen können glücklich zu sein und arbeiten durch eine Reihe von Forschungen daran, dass wir noch mehr praktische Anweisungen für das Erreichen eines zufriedenen und erfüllten Lebens erhalten. Ihren internationalen Studien zufolge wird die Veranlagung zum Glücklichsein zu etwa 50 Prozent von unseren Genen bestimmt. Die Lebensumstände machen rund 10 Prozent aus. Die restlichen 40 Prozent haben wir selbst in der Hand.
Ein weiterer bekannter Mitstreiter in der Glücksforschung ist Meik Wiking. Der Glücksforscher leitet das Kopenhagener Institut für Glücksforschung (The Happiness Research Institute) und wurde mit seinem Wohlfühl-Manifest „Hygge“ weltweit bekannt. In seinem neuen Buch „Die Kunst der guten Erinnerung: Und wie sie uns dauerhaft glücklicher macht“, führt Wiking uns vor Augen, dass positive Erinnerungen entscheidend zu unserem Glück in der Gegenwart beitragen können und wie wir diese mit ein paar Tricks jederzeit hervorholen können. „Wir können alle zu Gedächtnis-Architekten werden“, beschreibt Wiking dieses Phänomen und bestätigt damit die bisherigen Annahmen der Glücksforschung, die darauf hindeuten, dass Menschen mit ihrem Leben glücklicher sind, wenn sie dazu neigen, eine positive, nostalgische Sicht der Vergangenheit zu haben. Voraussetzung dafür ist laut Wiking, dass wir achtsam sind und schöne Momente erkennen und feiern, dann können wir später von diesen Erinnerungen zehren.
Um herauszufinden was die Menschen in aller Welt positiv erinnern, hat Wiking eine Studie in 75 Ländern an mehr als 1.000 Personen durchgeführt. Eine Erkenntnis war, dass die Menschen sich ähnlicher sind, als wir denken – und das nationenübergreifend. Egal ob sie in Dänemark, Afrika oder dem Irak leben, ihre positiven Erinnerungen ähneln sich sehr. Außerdem sind Erinnerungen keine Informationen, die zufällig in unser Gehirn gelangen. „In unserem Gehirn spielt der Hippocampus eine wichtige Rolle bei der Konsolidierung von Informationen aus dem Kurz- und Langzeitgedächtnis und bei der Wiederherstellung von Erinnerungen. Er sammelt all die verschiedenen Bits, die ins Gedächtnis eingehen – das kann man sich ungefähr so vorstellen wie einen Regisseur, der eine Szene neu arrangiert. Der Hippocampus fragt dabei ab: Was waren die sensorischen Eindrücke des Tastens, Hörens, Sehens, Schmeckens und Riechens in der Erinnerung?“, erklärt Wiking und bringt damit unsere Sinneswahrnehmungen in Verbindung mit den Erinnerungen.
Eine Anleitung zum Hervorrufen von Glücksgefühlen kann z.B. ein persönliches Handyarchiv mit Glückssoundtracks sein. Das ist eine Sammlung von Songs oder Geräuschen, die man mit glücklichen Momenten verbindet – von Vogelstimmen über Meeresrauschen bis hin zu Liedern, die in bestimmten Lebensphasen eine besondere Bedeutung hatten. Neben dem Hören kann auch das Schmecken Erinnerungen hervorrufen, die uns glücklich machen z.B. Gerichte die unsere Oma für uns gekocht hat oder frische Erdbeeren, die uns an Erdbeerfelder unserer Kindheit erinnern.
„Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.“
Dieser Ausspruch stammt von dem dänischen Philosophen Søren Kierkegaard und geht mit Wikings Forschung einher, dass wir uns in der Gegenwart Geschenke machen sollten, von denen wir dann in der Zukunft profitieren werden. Wiking selbst nimmt sich deshalb einmal im Monat eine Unternehmung, ein Event oder zumindest einen Rahmen vor, der den Tag erinnerungswürdig macht. Das kann z.B. ein Ort sein an dem Sie noch nie zuvor waren. Es muss kein riesiger Urlaub im Ausland sein – es reicht im Zweifel, aufs Rad oder ins Auto zu steigen und einfach mal irgendwohin zu fahren, wohin Sie schon immer einmal wollten.
Für die Zukunft möchte Winking eine weitere positive Erinnerung zu seinem Leben hinzufügen: er hofft auf die Zusage für das erste Glücksmuseum der Welt in Kopenhagen.
In diesem Sinne hoffe ich, Ihnen ein bisschen Inspiration, in dieser für viele schwierigen Zeit, gegeben zu haben. Wir sind in vielen Beriechen unseres Lebens der Schmied unseres eigenen Glücks und brauchen dafür nicht auf Kleeblatt-Suche gehen.
Das vollständige Interview mit Glücksforscher Meik Wiking finden Sie hier.
ZUM GLÜCK
Jeder ist seines Glückes Schmied,
doch nicht jeder Schmied ist glücklich.
Wer ständig auf Glucksuche zieht,
wird dieses finden nur schwerlich.
Bleibe wo du bist,
wo immer das ist.
Will das Glück zu dir,
findet’s dich auch hier.
Das Glück ist nicht zu erzwingen,
es kann warten an jedem Ort.
Nicht in materiellen Dingen,
manchmal ist’s nur ein liebes Wort.
Rainer Kirmse , Altenburg
Herzliche Grüße aus Thüringen