Zu Beginn vielleicht einmal ein kurzer Blick auf das bisherige Geschehen: Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat sich mit einem persönlichen Brief an die UEFA dafür eingesetzt, der gesamte Münchner Stadtrat stand hinter der Aktion, selbst Ministerpräsident Markus Söder sprach sich dafür aus: Am kommenden Mittwoch sollte das Münchner EM-Stadion, die Allianz-Arena, in Regenbogenfarben erstrahlen, während auf dem Rasen der Ball im letzten Vorrundenspiel Deutschland gegen Ungarn rollt. Es sollte ein deutliches Zeichen des Protests gegen die homo- und transfeindliche Haltung der rechtsnationalen Führung Ungarns sein, die kürzlich ein Gesetzespaket verabschiedet hat, das unter anderem die Informationsrechte von Jugendlichen in Hinblick auf Homosexualität und Transsexualität einschränkt.
Doch daraus wird nun offenbar nichts. Nach Informationen der Bild-Zeitung hätten sich die Europäische Fußball-Union und das EM-Organisationskomitee gestern Abend darauf verständigt. Man wolle die Allianz-Arena alternativ dafür zum Christopher Street Day am 28. Juni in den Regenbogenfarben erstrahlen lassen. Dann findet dort allerdings kein Spiel statt.
Passend dazu hatte die UEFA Untersuchungen gegen den Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, Manuel Neuer, angestrengt, weil dieser in den Spielen gegen Frankreich und Portugal eine Kapitänsbinde in den Regenbogen-Farben trug und damit offenbar gegen das Regelwerk verstoßen hatte. Zwar ruderte die UEFA bereits am Sonntagabend wieder zurück und teilte dem Deutschen Fußballbund mit, dass die Untersuchung schon wieder eingestellt wurde. Doch die Begründung dafür kommt doch ein wenig halbherzig daher: Neuers bunte Armbinde sei ein „Zeichen der Mannschaft für Vielfalt und damit als ´good cause´ bewertet“.
Ehrlich, was sind das für Zeichen. Ein weltweiter Sport, der wie kein anderer eine Durchschlagskraft hat, ein Zeichen für Offenheit, Vielfalt und Toleranz zu setzen, versteckt sich hinter Regelwerken und Designvorgaben. Und das, obwohl es in der Mitte der weltweiten Spieler doch eine große – wenn auch inoffizielle – LGBTQ+ – Community gibt. Wie kann man da gleichzeitig eine Kampagne starten, die den Titel „Equal Games“ trägt und für Diversität, Vielfalt und Toleranz steht?
Ich persönlich stoße hier ein wenig an meine Grenzen der Nachvollziehbarkeit und würde der UEFA eine gewisse Scheinheiligkeit unterstellen, zumal ihm eine gewisse Nähe zu Viktor Orbán, dem Ministerpräsidenten Ungarns, nachgesagt wird. Seit seinem Amtsantritt 2010 pumpt er mehrere Milliarden in den Fußball und betreibt eine Art „Football First“-Politik – wie man hört. Allerdings betrifft die Unterstellung der Scheinheiligkeit auch nur den Verband, denn tatsächlich gibt es für mich ein stilles Leuchten in der Diskussion, das ein deutliches Zeichen setzt: Im Spiel gegen Ungarn will Manuel Neuer erneut die Kapitänsbinde in Regenbogenfarben tragen – als Protest gegen die homo- und transfeindliche Haltung der rechtsnationalen Führung Ungarns. Und die komplette deutsche Nationalmannschaft steht hinter ihm.