Ethik & Gesellschaft
Das Privileg ein Mensch zu sein
Noch vier Wochen bis Weihnachten. Während sich in Deutschland alle darüber beklagen, dass sie das Fest nicht planen können, spielt sich in unserem skandinavischen Nachbarland einer der größten Tierskandale der Geschichte ab. Und vielleicht sollten wir uns endlich einmal fragen, was wir in dieser Welt besser machen können und ob COVID-19 wirklich an allem Schuld ist.
Veröffentlicht von Silke Hirschfeld am 1. Dezember 2020
Der Unmut ist dieser Tage besonders groß. Liegen die Nerven vor Weihnachten von je her blank, ist die Anspannung in diesem Jahr kaum zu toppen. Wer feiert das Fest der Liebe mit wem und wo? Wie viele Haushalte dürfen in welchem Bundesland zusammenkommen und kennt man in denen mit lockereren Auflagen jemanden, bei dem man dann vielleicht mit zehn Haushalten feiern darf? Die aktuellen Auflagen gelten bis zum 20. Dezember. Wie soll man denn so Weihnachten planen?! Was nützt die fette Gans, wenn am Ende nur zwei Esser an der langen Tafel sitzen? Und was kredenzt man, wenn es dann doch zehn Teilnehmer sind und am 21. Dezember keine Gans mehr zu bekommen ist? Herrje! Das sind wahre Sorgen. Und Schuld daran ist natürlich das vermaledeite Virus, das uns nun auch noch das Fest zerstört.
Würden wir in der Kunstwelt der Barbara Daniels leben, hätten wir ganz andere Sorgen. Daniels tauscht in ihren Bildern die Rollenverteilung von Mensch und Tier. Wären wir also Nerze und würden in Dänemark leben, hätte Corona uns nicht das Fest, sondern das Leben gekostet. Anfang November wurde dort die Massenkeulung von 17 Millionen Tieren angeordnet, ohne dass es dafür eine rechtliche Grundlage gab. Auch wenn der dänische Landwirtschaftsminister Mogens Jensen wegen dieser Anordnung bereits zurückgetreten ist, wurden zwischenzeitlich zehn Millionen Tiere getötet. Nun muss man sich natürlich fragen, was der eigentliche Skandal ist. Ist es die Züchtung von 17 Millionen Tieren, deren lebenslange Haltung in viel zu kleinen Gitterkäfigen unter quälenden Bedingungen, nur um am Ende daraus eine Stola oder einen Mützenbommel zu machen? Oder ist es die Massentötung dieser Tiere, bei denen sich – vermutlich durch die unhaltbaren Lebensumstände – eine Mutation des Corona-Virus ausgebreitet hat?
Die Art und Weise, wie die Dänen sich des Themas angenommen haben, ist an Absurdität kaum zu überbieten und zeigt uns, dass wir uns die Natur nicht mehr einfach Untertan machen können. Nachdem die zehn Millionen Nerz-Kadaver eilig in einem riesengroßen Massengrab verscharrt wurden, drangen die leblosen Körper nach einiger Zeit wieder an die Oberfläche. Die Planer der Blitz-Entsorgung hatten unterschätzt, was eine solche Menge totes Fleisch an Fäulnisgasen entwickelt. Die Körper blähten sich auf und bahnten sich ihren Weg an die Erdoberfläche. Die bildliche Vorstellung dieser Szene hat durchaus etwas Mahnendes. Die internationalen Medien nennen sie inzwischen Zombie-Nerze.
Mittlerweile sind sogar einige Wissenschaftler auf die Idee gekommen, dass zehn Millionen Leichen, die solche Gase entwickeln, vielleicht auch etwas Giftiges absondern, das in der Erde bleibt, zum Beispiel Phosphor und Stickstoff, was wiederum das Trinkwasser oder Badegewässer verunreinigen könnten. Daher wird derzeit überlegt, die Tiere wieder auszugraben, um sie zu verbrennen. Dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Da bläht sich nichts mehr auf, sie kommen nicht mehr von selbst aus ihrem Grab und es können sich keine giftigen Gase oder Stoffe mehr bilden. Die Welt fragt sich unterdessen, warum man es nicht gleich so gemacht hat.
Wie gesagt, in der Welt von Barbara Daniels wäre das unser Massengrab. Vielleicht ist Weihnachten mit nur zwei Haushalten doch ein ganz großes und wundervolles Geschenk.
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