Die Initiative, die wir gestern besuchten, ist nichts für schwachen Nerven, denn hier stehen Kinder und Jugendliche an erster Stelle, die Opfer von schwerster körperlicher Gewalt, Vernachlässigung und sexuellem Missbrauch geworden sind. Es ist immer schwer, Kinder in Not zu sehen. Für uns war es diesmal eine ganz besondere Herausforderung, die uns auch heute noch Schlucken lässt. Denn dort finden auch die Allerkleinsten statt, Säuglinge, die gerade einmal wenige Tage oder Monate alt sind. Es ist wirklich nicht vorstellbar, wozu Menschen fähig sind – wieder einmal.
Umso mehr wird die Hilfe dieses hoch spezialisierten Teams aus Psychologen, Therapeuten und Pädagogen gebraucht, die sich täglich dem Kampf um die geschädigten und geschändeten Kinderseelen mit viel Kraft und Herz aussetzen. Und umso beeindruckender ist der Teamgeist dieser Helfer, aus dem sie viel Energie für ihre Arbeit ziehen.
Damit auch die körperlichen Wunden verheilen können, arbeiten sie eng mit einer medizinischen Einrichtung zusammen. Ziel der Initiative ist, die hoch belasteten Kinder zu stabilisieren, ihnen Sicherheit zu geben und ihnen ein Angebot zu machen, dass sie über ihre Erfahrungen sprechen können. Und er Bedarf ist unglaublich groß! Vielleicht auch, weil die Initiative in ihrer Region ein totales Alleinstellungsmerkmal hat. Denn so etwas in der Art gibt es dort sonst nicht. Das spiegelt sich auch in einer bedrückenden Zahl wider: Allein im letzten Jahr hat die Initiative 400 Kinder betreut.
Die zwölf Mitarbeiter sind mit viel Herzblut und großem Einsatz dabei – auch nach Feierabend und am Wochenende. Nicht selten kommt es wohl auch deshalb vor, dass Kinder nach relativ kurzer Zeit fragen, ob sie nicht für immer hierbleiben können. Einem Kind dann klarzumachen, dass dies gegebenenfalls aus verschiedenen Gründen nicht geht, ist mehr als eine Herausforderung. Denn eines wird einem hier vor Augen geführt: Die Not der Kinder ist nicht zeitlich begrenzt. Und manchmal sind es die Opfer, die später zu Tätern oder Mittätern werden. So erzählte uns die Leiterin der Initiative, dass in einem Fall, in dem die Gefährdung des Kindeswohls vorlag, die Mutter dies vehement abgestritten und um ihr Kind gekämpft hatte. An irgendeinem Punkt dieser Auseinandersetzung platze es dann aus ihr heraus: “Hätte jemand doch damals auch so für mich gekämpft.“ Ein Satz, der Bände spricht und die Hilflosigkeit des Gefangenseins im eigenen Tun und Handeln offenbart. Denn er bedeutet nichts anderes, als dass die Mutter das eigene Erlebte an ihrem Kind wiederholt – oder als Zuschauer wiederholen lässt. Ein unfassbarer Gedanke.
Emotional tief bewegt verabschiedeten wir uns von dieser Initiative. Und das Erzählte klingt noch immer nach. Wir haben Ihnen ein paar Eindrücke in unserer Bildergalerie zusammengestellt.
Morgen werden wir Ihnen von einer ganz anderen Initiative berichten. Wir hoffen, Sie sind auch dann wieder dabei.
